Ergotherapie


Das Ziel der Ergotherapie ist es, dem Patienten nach einer Erkrankung wieder zu größtmöglicher Selbständigkeit im Alltag zu verhelfen und eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. (und so seine Lebensqualität zu steigern)


Die Therapiemaßnahmen richten sich nach Art der individuellen Einschränkung des Patienten. Diese können sowohl im motorischen, sensorischen und psychischen Bereich liegen, als auch eine Störung der kognitiven Leistungen bedeuten. Ergotherapie kann von Menschen jeden Alters in Anspruch genommen werden.

 

Um die Behandlung so effizient wie möglich durchführen zu können, werden je nach Beschwerden und Einschränkungen des Patienten spezifische Befunde (Gelenkmessung, Muskelfunktionstests, Kraftmessung) und Beobachtungen erstellt und Testverfahren (FEW-2, TEA-CH, Movement ABC, MMST) angewandt. So vielfältig wie die Krankheitsbilder sind auch die Ziele und Lösungswege, die wir gemeinsam mit den Patienten individuell erarbeiten. Eine enge Zusammenarbeit mit Ärzten, Eltern, Angehörigen, Lehrern, Erziehern, Pflegekräften und anderen Therapeuten ist ein wichtiger Bestandteil unserer ergotherapeutischen Behandlung, um die Therapieziele schnellstmöglich zu erreichen.

 

In folgenden Bereichen bieten wir ergotherapeutische Behandlungen an:

  • Neurologie
  • Orthopädie/Chirurgie
  • Geriatrie
  • Psychiatrie
  • Pädiatrie

Folgende Maßnahmen der Ergotherapie können verordnet werden:

 

Motorisch-funktionelle Behandlung:

Diese Behandlungsform wird bei Patienten mit krankheitsbedingten Störungen der Motorik und/oder Schädigung des peripheren Nervensystems angewandt. Die Therapie soll dabei pathologische Haltungs- und Bewegungsmuster abbauen und eine physiologische Grob- und Feinmotorik anbahnen. Zusätzlich sollen sich die Koordination von Bewegungen und die Arbeitsweise der Muskulatur in Bezug auf Kraft und Ausdauer steigern. Eine normgerechte Funktion der Gelenke wird angestrebt, die Entstehung von Kontrakturen soll vermieden werden. 

Die Behandlung kann als Einzel- oder Gruppenbehandlung vom Arzt verordnet werden und umfasst eine Dauer von 30-45 Minuten.


Krankheitsbeispiele, die eine motorisch-funktionelle Behandlung erfordern können:

  • Nachbehandlung von Frakturen der Extremitäten
  • Nervenkompressionssyndrome, z.B. Karpaltunnelsyndrom
  • Schlaganfall
  • Multiple Sklerose
  • M. Parkinson
  • Rheumatoide Erkrankungen
  • CRPS

 

Sensomotorisch-perzeptive Behandlung:

Diese Behandlungsform wird bei Patienten verordnet, bei denen das Zusammenspiel von Sinnessystemen und motorischen Systemen gestört ist. Ebenso kann die sensomotorisch-perzeptive Behandlung bei Patienten angewandt werden, bei denen eine Störung der Wahrnehmung und Wahrnehmungsverarbeitung vorliegt.

Durch die Therapie sollen Sinnesreize aus der Umwelt besser wahrgenommen und verarbeitet werden, so dass sich die Geschwindigkeit der Reizverarbeitung und die darauf folgenden motorischen Reaktionen normalisieren. Die Körperwahrnehmung wird verbessert, und das Gleichgewichtsempfinden soll so sensibilisiert werden, dass eine normale Gleichgewichtsreaktion möglich wird. Diese Behandlung kann bei allen Störungen der Sinneswahrnehmung (auditiv, visuell, taktil, vestibulär, propriozeptiv) angewandt werden.


Die Behandlung kann als Einzel- oder Gruppenbehandlung vom Arzt verordnet werden und umfasst eine Dauer von 45-60 Minuten.

Krankheitsbeispiele, die eine sensomotorisch-perzeptive Behandlung erfordern können:

  • Entwicklungsverzögerungen/-störungen vor Vollendung des 18. Lebensjahres
  • Sensorische Integrationsstörungen
  • Schädelhirntrauma
  • Hirnblutung
  • Schlaganfall
  • M. Parkinson
  • Multiple Sklerose
  • ALS
  • Querschnittsyndrome
  • Polyneuropathie

 

Psychisch-funktionelle Behandlung:

Diese Behandlungsform wird vom Arzt verordnet, wenn Störungen der psychosozialen und sozio-emotionalen Funktionen vorliegen. Ziel der Therapie hierbei ist, die psychischen Grundleistungsfunktionen wie Antrieb, Motivation, Belastbarkeit, Ausdauer und selbstständige Tagesstrukturierung zu stabilisieren oder zu verbessern. Weiterhin soll sich der psychische Zustand des Patienten stabilisieren und sein Selbstvertrauen gestärkt werden, so dass eine eigenständige Lebensführung möglich wird. Durch die Behandlung soll der Patient ein situationsgerechtes Verhalten erlernen und sozio-emotionale Kompetenzen erwerben, um seine Interaktion mit anderen Menschen zu verbessern.

Die Behandlung kann als Einzel- oder Gruppenbehandlung vom Arzt verordnet werden und umfasst eine Dauer von 60-90 Minuten.

Krankheitsbeispiele, die eine psychisch-funktionelle Behandlung erfordern können:

  • Störungen des Sozialverhaltens
  • Autismus
  • Depressionen
  • Angststörungen
  • Zwangserkrankungen
  • Schizophrenie
  • Dementielle Syndrome, z.B. Alzheimer
  • Suchterkrankungen


Hirnleistungstraining:

Diese Behandlungsform wird bei Patienten mit Störungen der neuropsychologischen und kognitiven Leistungen verordnet. In der Therapie wird die Verbesserung bzw. der Erhalt der kognitiven Funktionen wie Konzentration, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit, Orientierung, Gedächtnis sowie Handlungsplanung angestrebt. Gezielte Maßnahmen dienen auch dem Erwerb von Grundarbeitsfähigkeiten, um dem Patienten eine Wiedereingliederung in ein berufliches Umfeld zu ermöglichen.

Die Behandlung kann als Einzel- oder Gruppenbehandlung vom Arzt verordnet werden und umfasst bei Einzeltherapie eine Dauer von 30-45 Minuten. Die Dauer der Gruppentherapie beträgt 45-60 Minuten.


Krankheitsbeispiele, die ein Hirnleistungstraining erfordern können:

  • Schädelhirntrauma
  • Schlaganfall
  • Hirntumore
  • Psychische Störungen
  • Depressionen
  • Dementielle Syndrome, z.B. Alzheimer

 

Die Ergotherapie ist ein vom Hausarzt oder Facharzt verordnetes Heilmittel, dessen Kosten von den gesetzlichen, den meisten privaten Krankenkassen und den Berufsgenossenschaften übernommen werden.

Soweit nicht anders verordnet, findet die ergotherapeutische Behandlung in der Praxis statt. Ist der Patient aus medizinischen Gründen nicht in der Lage die Praxis aufzusuchen, kann die Behandlung auch als Hausbesuch bei Ihnen zuhause oder in einer Einrichtung, wie z.B. im Seniorenheim, durchgeführt werden. Gerne beraten wir Sie über die Option unser ergotherapeutisches Angebot auch ohne Rezept als Selbstzahler zu nutzen.

 

Zu einem wichtigen Aufgabengebiet der Ergotherapie gehört die Hilfsmittelberatung, Herstellung von Hilfsmitteln und deren Erprobung und individuelle Anpassung im Alltag mit dem Patienten. Hilfsmittel dienen dazu, eine bestehende Behinderung auszugleichen oder abzumildern und damit die Selbständigkeit des Patienten ganz oder teilweise wiederherzustellen oder auch möglichen Folgeschäden vorzubeugen.


Hilfsmittel kommen zum Einsatz bei:

  • der häuslichen Pflege
  • für alltägliche Aktivitäten und Pflege (Anziehen, Essen,...)
  • rheumatischen Erkrankungen, um gelenkschonend im Alltag handeln zu können
  • nach Amputationen mit und ohne Prothesenversorgung
  • Gehbehinderungen, um eine größtmögliche Mobilität zu erlangen
  • der Arbeitsplatzgestaltung


Die in unseren Praxen tätigen Ergotherapeutinnen bzw. Ergotherapeuten nehmen regelmäßig sowohl an internen, als auch an externen Fortbildungen teil, um stets nach den neuesten Erkenntnissen und Therapiekonzepten kompetent behandeln zu können und so zur Qualitätssicherung unserer Praxen beizutragen. 


Hier eine Auswahl von Therapiekonzepten, die in unseren Praxen angewandt werden:


Sensorische Integrationstherapie:

Unter der sensorischen Integration versteht man die Koordination und das Zusammenspiel aller vorhandenen Sinnessysteme, sowie die Aufnahme und Verarbeitung der Sinnesreize im zentralen Nervensystem. Sehen, Riechen, Schmecken, Fühlen, Hören, Bewegungsreize und Gleichgewicht müssen ständig vom Nervensystem adäquat verarbeitet werden, um so eine angemessene Auseinandersetzung mit der Umwelt zu ermöglichen.

Eine sensorische Integrationsstörung kann schon im Säuglingsalter beginnen und sich durch alle Entwicklungsstufen des Kindes fortsetzen. Ist die sensorische Integration gestört, fallen die Kinder dadurch auf:

  • Schwierigkeiten beim Trinken und Kolikneigung im Säuglingsalter
  • Auffallend häufiges Schreien und Unruhe bei Säuglingen
  • Auffallend geringe Aktivität im Säuglingsalter
  • Abwehrreaktionen bei Berührungen und Lageveränderungen im Säuglingsalter
  • Ungeschickte Motorik im Vorschulalter
  • Mangelndes Körper- und Selbstbewusstsein
  • Geräuschempfindlichkeit
  • Verhaltensauffälligkeiten
  • Schwierigkeiten, sich an neue Situationen anzupassen
  • Lern- und Teilleistungsstörungen
  • Hypo- oder Hyperaktivität


Den Kindern wird in der Therapie die Möglichkeit gegeben, eine Fülle von Sinnesreizen zu sammeln und sinnvoll zu verarbeiten, so dass sie in den betroffenen Sinnesbereichen nachreifen können. Die spielerische Gestaltung motiviert die kleinen Patienten und schafft schnelle Erfolge und ein gestärktes Selbstbewusstsein.

Erst das gesunde Zusammenspiel aller Wahrnehmungsbereiche schafft die Basis für ein optimales Lernen.

 

Behandlung nach Bobath:

Eingesetzt wird das Bobath-Konzept in der Behandlung von Säuglingen, Kindern und Erwachsenen mit zerebralen Bewegungsstörungen, sensomotorischen Störungen und neuromuskulären Erkrankungen wie Schlaganfall, Multipler Sklerose, intrazerebraler Blutung, Schädel-Hirn-Trauma, Erkrankungen des Rückenmarks, Enzephalitis, Hirntumoren, Morbus Parkinson und peripheren Nervenschädigungen.

Das Konzept beruht auf der Annahme der „Umorganisationsfähigkeit“ (Plastizität) des Gehirns, das heißt, dass gesunde Hirnregionen die zuvor von den erkrankten Regionen ausgeführten Aufgaben neu lernen und übernehmen können. Häufig sind bei traumatischen Hirnschädigungen nicht die eigentlichen Kontrollzentren zerstört, sondern Verbindungswege unterbrochen, die mit konsequenter Förderung und Stimulation des Patienten durch alle betreuenden Personen neu gebahnt werden können.

 

Aufmerksamkeitstraining nach Lauth & Schlottke:

Diese Methode wird bei Störungen der Aufmerksamkeit und der Selbststeuerung, vorwiegend bei Kindern und Jugendlichen, im Rahmen der Ergotherapie angewandt. Ziel des Trainings ist es, zu einer angemessenen Selbststrukturierung zu finden, um Aufgaben und Anforderungen besser zu bewältigen. Das auffällige Kind lernt spielerisch, sich in der Schule und bei den Hausaufgaben zu konzentrieren und sich allgemein besser zu kontrollieren. Der ganzheitliche Ansatz bezieht die verschiedenen Lebensbereiche des Kindes (Zuhause, Schule, Freunde) mit ein und eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Betreuungspersonen des Kindes wird im Training angestrebt.


Das Aufmerksamkeitstraining hilft nicht nur bei diagnostizierten Aufmerksamkeitsstörungen wie ADS oder ADHS, sondern auch bei:

  • Allgemein fehlerhafter oder unzuverlässiger Arbeitsweise
  • Schulproblemen durch große motorische Unruhe und unzureichendes Lernen
  • Sozialen Problemen im Familienalltag (Hausaufgaben machen, Aufträge ausführen, Streit mit den Geschwistern)
  • Schwierigkeiten im Umgang mit Gleichaltrigen

 

Behandlung nach Affolter:

Dieses Therapiekonzept findet seinen Einsatz bei Patienten mit schweren Wahrnehmungsstörungen und/ oder schwersten neurologischen Schädigungen, und kann bei Patienten jeden Alters angewandt werden. Bei diesem Konzept geht es darum, wahrnehmungsgeschädigte Menschen „führenderweise" in ihrem Alltag zu begleiten. Beim Führen nach Affolter erspürt der therapeutische Begleiter gemeinsam mit dem Patienten Alltagsgeschehnisse, mit dem Ziel, diese gewonnenen Wahrnehmungsinformationen zu ordnen und schließlich bei dem Patienten Erkenntnisse über sich und seine Umwelt hervorzurufen. Die gewonnenen Spürinformationen sollen dabei zu einer Reorganisation im Gehirn führen und zielgerichtetes Handeln möglich machen.

 

Behandlung nach Perfetti-Konzept:

Das Perfetti-Konzept ist ein Behandlungsverfahren, welches vor allem in der Behandlung erwachsener Patienten mit neurologischen Erkrankungen (z.B. bei Hemiplegie nach Schlaganfall) Anwendung findet. Entwickelt wurde das Konzept der „Kognitiv therapeutischen Übungen“ von Prof. Carlo Perfetti aus Italien in den siebziger Jahren. Das Konzept beruht auf der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass durch gezielte Aktivierung von kognitiven Prozessen beim Patienten das zentrale Nervensystem angeregt wird und so ein physiologisches Bewegungsverhalten ermöglicht wird. Indem der Patient seine Aufmerksamkeit gezielt auf bestimmte Elemente seines Körpers lenkt und wahrnimmt, lernt er pathologische Bewegungsmuster oder Tonuserhöhungen durch seine kognitiven Fähigkeiten eigenständig zu kontrollieren. Das gezielte »Vorstellen-lassen« von Bewegung dient also dem Bilden der korrekten Bewegungsplanung und damit dem Wieder-Erlernen von physiologischen Bewegungen.